Montag, 3. September 2012

Meine Geschichte

Einleitung

Kennt ihr diese Momente? Diese Momente, in denen man schwankt zwischen explodieren und aufgeben? Diese Momente, in denen man sich fragt, warum man sich das alles überhaupt weiter antut?

Nein? Dann seid froh darüber. Ich beneide euch. Denn ich kenne diese Momente. Vor einigen Jahren hatte ich diese regelmäßig. Inzwischen nur noch selten. Aber dann umso stärker.

Heute war es mal wieder soweit. Am Abend eines unspektakulären Tages. Ein bisschen lernen, ein bsischen Piraten, ein bisschen TV. Essen. Twittern. Dann kam der Abend, und dann kam das Telefonat.

Ich muss etwas weiter ausholen, damit ihr versteht, wovon ich rede. Die Geschichte - meine Geschichte - habe ich in dem Ausmaß erst wenigen Leuten erzählt. Manche kennen einen kleinen Teil davon, sogar im Radio habe ich davon einmal erzählt. Aber immer nur wenig. Ja nicht zu viel rauslassen. Stark bleiben. Ein Mann ist stark, oder? So wurde es mir zumindest eingepflanzt, von Familie, Schule, Freunden, dem Fernsehen.

Es gibt wenige Leute, die viel über meine Vergangenheit und meine Gefühle wissen. Genau genommen gibt es genau eine Person, der ich weit genug vertraue, um ihr alles zu erzählen. Ob es mir gut geht oder schlecht. Eine Person. Verdammt wenig. Aber es hat bisher gereicht.

Warum ich jetzt gleich meine Geschichte mit dem Internet, der Welt, euch, teilen werde, weiß ich auch nicht. Es befreit mich irgendwie. Vielleicht lösche ich diesen Post aber auch, wenn ich fertig bin. Wenn ihr das lest, hab ich das nicht getan. Wenn ihr das nicht lest, dann wisst ihr weiter nichts davon. So einfach. Euer Leben geht weiter, und auch meines geht weiter.

Meine Geschichte

Aber bevor ich euch weiter langweile, fang ich jetzt mal an:

Ich war nie ein "starker" Mann. Ich hatte Freunde, aber ich hatte nie viele Freunde. Das war mir auch nicht wichtig. Gute Freunde muss man haben, nicht viele. Ein kleiner Freundeskreis, dafür ein guter. Das hatte ich. Dafür kann ich dankbar sein. Und das bin ich auch.

So ist es bis heute geblieben. Die Personen haben zwar gewechselt, aber mein Freundeskreis ist weiterhin klein - aber fein.

Einen Nachteil hat das aber. Auch die Schule war entsprechend anders, wenn man nur in einer kleinen Gruppe "rumhängt", meistens mit Leuten, denen es ähnlich ging wie mir. Man zählt nicht zu den "beliebten" Schülern. Eine Sache, die Lehrer den Eltern gerne mitteilen. Man macht sich Sorgen, da der "soziale Stand" innerhalb der Klasse nicht so gut ist. Was solls. Wer gibt schon was auf Lehrer, oder? :)

Ich kam damit klar, in der Grundschule und auch die ersten Jahre im Gymnasium. In der achten Klasse dann durchgefallen, Latein ist auch eine echt nervige Sprache :) Am meisten gestört hat mich daran, dass ich in eine neue Klasse kam. Schon in der alten Klasse wenige Freunde, waren es in der neuen garkeine. Aber auch da fand ich mich hinein. Wieder ein kleines Grüppchen. Gute Freunde. Dachte ich.

Dann kam der Sportunterricht in der zehnten Klasse. Bisher hab ich mich da so durchgewuselt, sportlich und sportbegeistert war ich ja auch nie besonders. Aber die 2 Stunden pro Woche kriegt man auch rum. So war es zumindest bis dahin.

Ein Sportlehrer. Herr H. Hatte vorher wohl auch mal beim FC Bayern irgendeine Leichtathletik-Truppe unterrichtet. Irgendsowas. Es ist zu lange her, genau weiß ich es nichtmehr. Auf jeden Fall sportlich qualifiziert, darüber kann man wohl nicht meckern. Pädagogisch sah es da anders aus.

Personen, die sportlich waren, privat viel Sport machten, hatten einen tollen Unterricht bei ihm. Bei anderen sah es da weniger gut aus. Er forderte viel. Das wäre auch in Ordnung gewesen. Problematisch war es, wenn man nicht "lieferte". Damit konnte er nicht umgehen. Er versuchte es dann über "lächerlich machen".

"Du kommst die Stange nicht rauf? Sollen wir schieben? Lieber nicht, die Kraft bringen wir nicht auf"

Das ist zwar kein wörtliches Zitat, aber ich denke ihr versteht, was ich meine. Es wurde auf persönliche Mängel wie Gewicht, Brillen oder sonstiges "Nicht-Der-Norm-Entsprechen" eingegangen.

Heute würde ich sein Verhalten als Mobbing beschreiben. Damals nicht. Damals dachte ich nicht darüber nach, wie sein Verhalten war. Ich hoffte nur, dass es nicht mich erwischt. Aber auch das tat es. Oft. Sehr oft. Und was tat meine Klasse? Sie schwieg. Wenn man Glück hatte. Wenn man Pech hatte, gab es Lacher. Ich habe viel aus dieser Zeit vergessen und verdrängt, aber wahrscheinlich habe auch ich mitgelacht, wenn es andere traf. Ich schäme mich heute dafür. Auch wenn ich heute weiß, dass es aus Angst geschah. Angst, selbst der Nächste zu sein. Dennoch: ich schwieg und ich lachte.

Ich befand mich innerhalb der Gruppe und war froh über den Schutz, den diese bot. Aber ich schwieg. Ich lachte.

Bis zu einem Tag. Dort war wieder ich an der Reihe. Keine Ahnung mehr, was ich tun sollte und warum ich das nicht konnte. Ich habe es schlicht und einfach vergessen. Aber eines habe ich nicht vergessen. Die Worte von Herrn H. Es ging vorher schon einige Zeit. Und dann kamen diese Worte:

"Bis zum Schuljahresende mach ich dich so fertig, dass du vor mir auf dem Boden kriechst!"

Diese Worte. Ich weiß bis heute, wie schwer diese mich getroffen haben. Und ich weiß bis heute, wie mein Blick über die Klassenkameraden ging und ich diese schweigen sah. Bis sie lachten. Sie lachten! Während mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Sie lachten.

Ich war fertig. Ich hab irgendwie die Stunde hinter mich gebracht, danach war Schulende. Ich ging nach Hause. Ich erzählte nichts. Mein Vater merkte wohl auch nichts, als er heim kam. Nach außen war ich ruhig. In mir drin aber brodelte es. Ich war am Boden. Ich weinte. Alleine, in meinem Zimmer. Hauptsache es merkt niemand. Ein Mann weint nicht, wisst ihr? Schwachsinn, natürlich. Aber was hilft es einem Fünfzehnjährigen, der so denkt. Stark sein, das zählte für mich. Und ich war stark. Man merkte mir nichts an. Ich redete nicht darüber. Es war etwas, womit ich selbst klarkommen musste.

Kam ich aber nicht. Ich konnte nicht dorthin zurück. Zurück zu der Person, die mich gedemütigt hatte. Zurück in diesen Sportunterricht.

Aber ich hatte erstmal eine Woche bis zur nächsten Sportstunde. Ich war in der Schule. Körperlich. Geistig wohl nicht. Hingehen, dasitzen, heimgehen. Hausaufgaben. Schlafen. Die Woche verging und der Sportunterricht rückte näher. Mir war klar, dass ich keine weitere Stunde durchstehe. Also reifte im Lauf der Woche mein Entschluss, Sport zu "schwänzen". Ist eh die letzte Stunde. Fällt schon nicht so auf.

Gedacht, getan. Ich fehlte im Sportunterricht. Ich hatte nicht bedacht, dass ich am nächsten Tag von meiner Klassenleiterin angeredet werde, warum ich beim Sport gefehlt habe. Mist. Keine Ahnung, welche Ausrede ich mir einfallen ließ, aber es lief nicht gut. Ihr erzählen, was passiert war? Niemals.

Ein neuer Plan musste her. Zu Sport würde ich nicht gehen, das war mir klar. Ich wusste aber auch nicht, was ich meiner Klassenleiterin erzählen sollte. Was lag also näher, als auch ihren Unterricht zu schwänzen? Toller Plan, funktionierte auch am nächsten Tag. Am übernächsten Tag nichtmehr. Da hat sie mich gesehen, in der Pause vorher. Konnte also schlecht fehlen. Ich war also da. Die nächste Frage, wo ich am Tag vorher war.

Ich konnte einfach nicht. Ich konnte es ihr nicht sagen. Ich konnte aber auch nicht weiter so tun, als sei nichts geschehen und den Unterricht wieder besuchen.

Also kam der nächste Tag, an dem ich ihren Unterricht gehabt hätte. Ich ging in der Früh mit meinem Vater aus dem Haus bis zur U-Bahn, verabschiedete mich. Ich wartete, bis er um die Ecke war und ging wieder nach Hause. Genialer Plan! So muss ich nicht zu Sport, nicht zur Klassleiterin und laufe niemand von beiden über den Weg.

Mein Vater kam immer erst nach mir nach Hause, da die Schule früher fertig war. Also auch dort keine Gefahr. Die ersten Probleme waren also erledigt.

Die Probleme, mit denen ich mich tief in mir herumschlagen musste, waren es aber nicht. Ich war noch immer schwer getroffen. Ich kämpfte mit mir selbst, überlegte, wie ich aus all dem wieder herauskomme. Die Schule würde sich ja sicher melden und meine Eltern erfahren, dass ich nicht dort war. Was tun?

Hier komme ich an den Punkt, den niemand weiß. Bisher. Wirklich niemand. Und jetzt stelle ich es vielleicht ins Internet. Ich bin schon selten dämlich...

Was seht ihr als Ausweg? Bestimmt tausende. Ich heute auch. Heute. Damals nicht. Ich sah einen Ausweg: DEN Ausweg. Ende. Ich hätte meine Ruhe. Endgültig. Nie wieder derartiges erleben müssen. Nie wieder dieses Entsetzen spüren. Aber wie? Medikamente? Komm ich doch eh nicht dran. Pistole? Da komm ich ja noch eher an Pillen. Messer? Ich mich absichtlich schneiden? Nein, niemals. Ich hab damals wahrscheinlich alle Möglichkeiten durchgespielt, aber alle verworfen. Heute sage ich: zum Glück. Damals war ich darüber nicht so glücklich.

Das Problem war nämlich, dass ich jetzt keinen Ausweg mehr hatte. Ich ging weiterhin nicht zur Schule. In der Früh aus dem Haus. Verabschieden. Zurück. Jeden Tag die Angst, dass die Schule anrufen würde. Jeden Tag von neuem die Überlegung, ob es nicht doch einen "leichten" Ausweg gäbe.

Tat sie nicht. Eine Woche verging. Kein Anruf. Kein Brief.
Zwei Wochen. Kein Anruf. Kein Brief.
Drei Wochen? Gleiches Spiel.

Trotzdem jeden Tag die Panik, dass etwas kommen könnte. Dass ich auffliege. Aber am schlimmsten: Dass ich zurück muss. Zurück in die Schule.

Ich verkroch mich. Ich merkte, wie stark das Internet ablenken kann. MMORPGs, tolle Sache. Man ist konzentriert, denkt nicht länger an das Damokles-Schwert über sich. Man lernt Leute kennen. Man kann sich unterhalten. Gut unterhalten!

Und ganz plötzlich: Über die Probleme reden, die einen plagen. Verständnis erfahren. Den Leuten, mit denen ich damals Kontakt hatte, virtuell, nie getroffen und dennoch so unglaublich freundlich, habe ich wahrscheinlich endgültig zu verdanken, dass ich heute lebe. Durch diese Gespräche habe ich die Gedanken verloren, einen Ausweg zu suchen. Ich dachte nichtmehr darüber nach. Ich wusste natürlich, dass es alles irgendwann auffliegt. Aber ich wusste, dass ich damit klarkommen würde. Wie? Danach online gehen, und mit meinen Freunden (ja, es waren Freunde) darüber reden. Das würde die Probleme nicht lösen, aber den Knoten in mir lockern.

Gut, es kam so wie es kommen musste: Eines Tages kam mein Vater zur Tür rein. Zu früh. In meinem Kopf ging schon das rattern los, welche Ausrede ich bringen würde. Irgendwie musste ich ja erklären, dass ich um die Zeit schon zuhause bin. So weit kam ich aber nicht. Er hatte das Handy am Ohr. Meine Mutter am anderen Ende. Beide hatten einen Brief erhalten, meine Mutter hatte ihn zuerst gesehen und sofort angerufen.

Der Inhalt: Ihr Sohn war seit mehreren Wochen nicht in der Schule. Sie haben 1 Woche, uns dafür einen plausiblen Grund zu liefern, sonst fliegt er raus.

Ich gebe zu, das "rausfliegen" kam mir in dem Moment garnicht so schlimm vor. Wäre doch der Ausweg gewesen, den ich ständig gesucht habe. Wahrscheinlich unnötig zu erwähnen, dass sich meine Eltern darüber weniger gefreut haben, oder?

Es folgte ein langes Gespräch mit meinem Vater. Ich habe ihm in diesem Gespräch das erste Mal gesagt, was passiert war. Natürlich mehr oder weniger sachlich. Ich weine ja nicht. Bin ja ein Kerl. Ich habe aber trotzdem versucht, ihm zu erklären, dass ich nicht weiter in die Schule gehen würde. Sah er anders. Aber ok.

Am nächsten Tag war mein Vater in der Schule. Beim Direktor. Erzählte ihm, was passiert war. Erzählte ihm von dem Satz meines Lehrers. Von dessen Verhalten davor.

Seitdem weiß ich: Lehrer halten zusammen.

Als mein Vater wieder zuhause war, erfuhr ich, dass ich am nächsten Tag wieder dort erscheinen solle. Das kam nicht in Frage für mich. Auf keinen Fall. Also telefonierten meine Eltern mit dem Schulamt. Die Schule konnte mich nicht rauswerfen, schließlich hatten sie trotz wochenlangen Fehlens eines minderjährigen Schülers die Eltern nicht sofort informiert. Nicht die Antwort, die ich erhofft hatte.

Meine Eltern merkten aber irgendwann, dass ich nicht weiter zur Schule gehen würde. Keine Diskussion. Also war der nächste Schritt: Jugendamt. Meine Eltern fragten an, was sie tun könnten, sollten oder müssten.

Ich hatte übrigens währenddessen Internetverbot. Aber das ist nichts, was mich aufhalten würde. Passwörter. Pah. Lächerlich :) Ich konnte also weiter mit meinen Freunden reden. Ich konnte mir dort weiter Halt holen. Es ging mir nicht gut, aber ich konnte das durchstehen.

Achja, das Jugendamt. Die hatten die genialste Idee, die ich jemals gehört habe. Psychiatrie. Ich. Ihr könnt euch meine Begeisterung vorstellen? Aber: alles besser als Schule.

So kam ich in die Klapse. 8 Wochen lang. Heckscher Klinik. Jugendpsychiatrie. 8 Wochen lang, ein paar Gespräche mit dem Psychiater, vormittags Arbeitstherapie in der dortigen Gärtnerei, nachmittags mit den anderen Jugendlichen reden, langweilen. Rauchen. Ich hab aus den 8 Wochen genau eine Sache mitgenommen. Meine Zigaretten. Vorher Nichtraucher, jetzt Raucher. Hat sich gelohnt.

Das Schuljahr war damals zu Ende, ich kam aus der Psychiatrie nach Hause. Im nächsten Schuljahr sollte ich die Schule wechseln. Weg von dem Lehrer, weg von der Klasse. Runter vom Gymnasium, auf eine Realschule. Die zehnte Klasse wiederholen. Also nur noch 1 Jahr statt 4. Hat sich gut angehört.

War aber nicht so gut. Das Erlebnis hatte sich eingebrannt. Die Schule ging los, ich war den ersten Tag dort. Ich fühlte mich unwohl. Absolut nicht gut. Die Klasse war nett, die Lehrer auch. Aber ich war in der Schule. Irgendwas stimmte nicht.

Am zweiten Tag war ich unterwegs in Richtung Schule und das schlechte Gefühl kam wieder. Magenschmerzen. Ich dachte ich wäre krank, rief meinen Vater an er solle mich entschuldigen und stieg in den nächsten Bus Richtung Heimat. Die Magenschmerzen wurden besser. Jede Station, die ich mich von der Schule entfernte, sorgte dafür, dass ich mich besser fühlte.

Zuhause dann fühlte ich mich gut. Nicht krank. Sicher. Hier konnte mir nichts passieren. Komische Sache das Ganze. Vor Allem, als es am nächsten Tag genauso lief. Heute, jetzt kann ich das reflektieren, weiß ich, dass ich inzwischen Angst vor Schule hatte. Ganz allgemein. In der Schule lauerte Gefahr. Dort war ich verletzbar.

Die neue Schule war schneller. Nachdem ich dann 2 Tage unentschuldigt fehlte, erfuhren meine Eltern wieder davon. Wieder ein langes Gespräch. Wieder Jugendamt. Diesmal keine Psychiatrie. Ich glaube, die haben gemerkt, dass das nichts geholfen hat.

Das Jugendamt hatte schnell eine neue Idee: Betreute Wohngemeinschaften. Naja, klang besser als Psychiatrie, also warum nicht? Ich wollte in München bleiben, dort hatte ich noch ein paar Freunde (außerhalb der Schule). Verschlagen hat es mich aber dann nach Weilheim. Ich habe mir erst eine WG in München angesehen, in die man mich nur gefesselt bekommen hätte. Die WG in Weilheim - vom SOS-Kinderdorf - war aber anders.

Alleine der erste Eindruck und das erste Gespräch. Der WG-Leiter hat mich zwischendurch beiseite genommen. Er wusste, dass ich nicht glücklich war über die Idee, in eine solche WG zu ziehen. Noch dazu nicht in München. Er bot mir an, ein Wochenende "zur Probe" dort zu wohnen. Würde es mir nicht gefallen, würden sie mich nicht aufnehmen. Unabhängig von Jugendamt und meinen Eltern. Die Entscheidung läge bei mir. Das hat mich wirklich beeindruckt. Es war nur eine Kleinigkeit. Aber ich habe zugesagt. Ich war über das Wochenende da. Die Leute waren klasse. Sowohl die anderen Jugendlichen, als auch die Betreuer.

Als das Wochenende vorbei war, war meine Entscheidung gefallen. Ich würde dort einziehen. In die Schule gehn? Das sehn wir dann.

Es ging alles recht schnell. Plötzlich wohnte ich in Weilheim.

Aber auch dort kam der Ernst des Lebens schnell auf mich zu. Ich sollte mich an der dortigen Realschule anmelden. Allein dieser Weg fiel mir schon schwer, obwohl ich ja nur ein blödes Formular ausfüllen sollte. Noch nichtmal in den Unterricht gehen. Es ging aber. Angemeldet für den Rest der neunten Klasse. Die hatte ich ja schonmal bestanden, stand also nicht unter Stress bei Noten. Der Stress, überhaupt hinzugehen, reichte mir ja schon.

Ich werde jetzt nicht die ganze Geschichte aus Weilheim erzählen, das würde allein 10 Blogposts füllen, aber ich habe in Weilheim meinen Realschulabschluss gemacht. Es war viel Unterstützung durch die Betreuer, einen Psychologen und die großartigen Lehrer dieser Schule nötig. Außerdem doch einige Zeit, bis ich regelmäßig im Unterricht war. Aber ich habe es geschafft.

Dafür bin ich SOS bis heute dankbar. Ohne die 2 Jahre, die ich in der WG verbracht habe, keine Ahnung, wo ich heute stehen würde. Inzwischen habe ich eine Ausbildung (inkl. Berufsschule!) und mein Fachabitur (Schule!) fertig und studiere Informatik. An so etwas habe ich lange Zeit nicht geglaubt.

Ich war weiterhin ungern in der Schule. Ich fühle mich an Schulen weiterhin unwohl. Ich habe auch dort vereinzelt gefehlt, wenn es mal garnicht ging. Aber letztendlich habe ich es durchgezogen. Und damit so einige Leute überrascht, inklusive mir.

Im Nachhinein hat mich diese Geschichte geprägt. Ich bin stärker geworden. Bei einem anderen Fall von Mobbing in der Schule - bei einer anderen Person - bin ich aufgestanden und habe mich gegen eine Lehrerin aufgelehnt. Eigenlob stinkt, aber ich bin stolz auf mich. Wegen solchen Dingen. Ich will nie wieder in der schweigenden Gruppe sein. In der lachenden Gruppe. Ich weiß heute, welche Verletzungen so etwas reissen kann.

Ja, alles was passiert ist, hat mich auch geschwächt. Wie gesagt, ich habe Probleme in Schulen. Ich habe auch Probleme in großen Gruppen. Mir fällt es schwer, vor solchen Gruppen zu stehen, zu reden und mich der "Gefahr" auszusetzen, von der Gruppe verletzt zu werden.

Aber es hat mich soweit gestärkt, dass ich - wenn nötig - mich bewusst in solche Situationen begeben kann. Ich fühle mich nicht wohl, aber ich stehe das dann durch.

Zurück zum Anlass

Aber jetzt will ich zurückkehren zu dem Telefonat, welches mich heute so stark getroffen hat. Welches der Anlass zu diesem Post ist.

Genau genommen ist das Telefonat nicht so wichtig. Nur ein Satz daraus. Von meiner Mutter.

"Ich glaube, dass du damals wegen einer Internetsucht nicht zur Schule gegangen bist, du kannst doch nicht die ganze Schuld auf Herrn H schieben."

Vielleicht seht ihr nach meiner langen Erklärung, warum mich das getroffen hat. Es stellt nicht nur das in Frage, was mein bisher größtes Leid ausgelöst hat, es verteidigt nicht nur die Person, die dafür verantwortlich ist, es schiebt die Schuld dafür sogar noch darauf, was mir in dieser Zeit am meisten geholfen hat. Mehr als meine Eltern. Mehr als meine Mutter...

Das Internet, beziehungsweise die Leute, die mich damals aus dem größten Tief gezogen haben. Denen ich - vielleicht - mein Leben verdanke.

Aus diesem Grund sitze ich jetzt hier. Weinend. Als Mann. Und fühle mich trotzdem stark.








Update

Sascha Lobo hat das Thema in seiner Spiegel-Kolumne aufgegriffen. Der Artikel ist sehr lesenswert: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/sascha-lobo-das-internet-ist-nicht-schuld-a-853752.html

Update 2

Twister hat es auch noch bei Telepolis aufgegriffen in dem Artikel Last night a chatroom saved my life Auch den Artikel solltet ihr lesen!

73 Kommentare:

  1. Mutig! Unsicher ob ich dir nicht abgeraten hätte, aber jetzt wo es da steht... Mir konnte das Internet nicht helfen, aber ich bin ja auch ein paar Jährchen älter.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das ist ein großer Vorteil, den wir heute genießen können. Mit einer der Gründe, warum ich Pirat bin.

      Nicht zulassen, dass uns diese großartige Erfindung aus Angst kaputt gemacht wird.

      Löschen
  2. Danke für diesen Post.

    Ich wurde als Kind auch von einer Lehrerin gemobbt, hatte aber zum Glück die Unterstützung meiner Eltern. Meine Gedanken und Ängste waren aber ähnlich.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Gerne, ich hab letzte Nacht noch gezweifelt, ob es wirklich eine gute Idee war, das zu veröffentlichen.

      Die Reaktionen hier, bei Twitter und per Mail zeigen aber, dass es richtig war.

      Es freut mich, dass du diese Unterstützung hattest. Mein Blogpost ist eventuell ein wenig _zu_ pessimistisch geschrieben. Auch ich hatte Unterstützung durch meine Eltern. Nachdem es aufgeflogen war. Es hätte aber gerne mehr sein können.

      Das (zumindest gefühlte) Ziel war immer, mich in die Schule zu bringen. Nicht, die Probleme zu lösen. Vielleicht irre ich mich da aber auch, keine Ahnung.

      Löschen
  3. Ich bin fast 42 - aber ich habe so dermaßen viel in diesem Blogpost über mich wiedergefunden, dass ich selbst den Tränen nahe bin (als Mann).
    Heute weiß ich dass Kindesmissbrauch nichts mit körperlicher Gewalt zu tun haben muss, dass Mobbing einen Menschen zerstören kann, und dass die Option des letzten Auswegs oft ein Rettungsanker ist - der Gedanke dabei ist "Wenn ich das nicht packe kann ich immer noch .... "
    In gewisserweise hattest du mit deinen Eltern noch Glück (natürlich hilft das in der subjektiven Sichtweise nicht viel) - meine Eltern hatten grundsätzlich eine Aussage, wenn ich irgendwo Probleme hatte "Daran bist du selbst schuld" und haben mich zusätzlich sehr hart dafür bestraft, wenn ich woanders gemobbt wurde - weil mein Aussenseitertum, auf sie abfärben würde, wie die Nachbarn uns sehen, etc.
    Das typische war "Zwangsarbeit" oder "Einzelhaft" - entweder im Betrieb meines Vaters mitarbeiten (grundsätzlich in den Schulferien, 7 Tage die Woche 10 Stunden am Tag) oder in mein Zimmer eingesperrt werden, Leseverbot, Fernsehverbot, Kontaktverbot. Ich durfte nur dasitzen. Ganz schlimm war die falsche Meinung vertreten. Auch das wurde bestraft.
    Ich bin heute noch Aussenseiter, sozial unfähig Bindungen einzugehen. Irgendwann habe ich resigniert, ich funktioniere. Ich arbeite so gut ich kann, immerhin bin ich an 70 Wochenstunden gewöhnt, da ist eine 40 Wochenstunde ein einfaches.
    Das schöne wenn man über 40 ist: Ich weiß dass der Rest meines Lebens wohl kürzer ist, als das was ich bereits hinter mir habe. Ein Trost. Irgendwann ist es einfach vorbei.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Krasse Geschichte. Und klasse wie Du da raus gekommen bist. Es hat mich sehr gerührt und daran erinnert wie wichtig diese "Zivilcourage" ist von der man immer in der Schule hört. Alle Lehrer sollten das was sie reden auch anwenden, nicht nur einzelne.

      Löschen
    2. Ja, es hilft. Klingt für außenstehende vielleicht blöd, aber allein der Gedanke daran "es gibt immer einen Ausweg" kann befreien. Trotzdem bin ich natürlich froh, dass ich diesen Ausweg nicht gebraucht habe.

      Löschen
  4. Danke für deine Worte. Man kann nur hoffen, dass sich die Geschichte für andere Menschen nicht wiederholt.

    Wehret den Anfängen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das hoffe ich auch. Der Lehrer ist wohl inzwischen nicht mehr an der Schule. Ich habe aber von anderen ehemaligen Schülern dort gehört, dass ich wohl nicht die einzige Person war, die seinetwegen die Schule verlassen hat. Leider weiß ich aber nichts genaueres darüber.

      Löschen
  5. Danke das Du die Kraft gehabt hast, den Post nicht zu löschen! WIR sind Teil des Internets und helfen gerne!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich weiß.

      Natürlich hat auch das Internet dunkle Seiten. Wie alles, worin Menschen verwickelt sind. Das Ziel sollte sein, diese dunklen Seiten in der Gesellschaft zu ändern, nicht die Medien, über welche sie hervortreten. Dafür gibt es gerade auch im Internet zu viele schöne Dinge und tolle Menschen.

      Löschen
    2. "Das Ziel sollte sein, diese dunklen Seiten in der Gesellschaft zu ändern, nicht die Medien, über welche sie hervortreten."

      Das ist ein sehr weiser und essentieller Satz!!

      Löschen
  6. Das ist hier von der Intensität und der Entwicklung die es genommen hat ein paar Stufen krasser, aber in einigen Punkten ist mir das so nicht ganz fremd.

    Das Internet schafft die Möglichkeit neben dem sozialen Umfeld, in das man mehr oder weniger (im Falle der Schule meistens mehr) hineingezwungen wird, weitere, selbstbestimmte soziale Kontakte zu schaffen, die dann vielleicht eher kompatibel mit einem selbst sind. Dass das notwendig ist, in krassen Fällen sogar überlebensnotwendig, ist der Fail des vorgeschriebenen Umfelds und da und nur da liegt das verdammte Problem. Internetsucht my ass...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich glaube auch, dass es Internetsucht gibt. Wohl nicht bei 250000 Leuten, wie uns der Kerl bei Jauch weismachen wollte. Aber bestimmt gibt es Leute.

      Aber das Problem bei einer Sucht ist selten die Sucht selbst (wenngleich die natürlich dann behandelt werden muss, egal welche "Droge" es ist). Das wahre Problem, das man lösen sollte, sind die Gründe, die jemanden in eine Sucht treiben.

      Löschen
  7. Wenn ich sowas lese, werde ich aggressiv ...
    Solche Erlebnisse hatte ich, ohne ins Detail gehen zu wollen, in der Schule auch, nur, dass das Mobbing primär von Mitschülern ausging und die Lehrer nur drüber gefeixt haben. Nachdem ich zur Sportlehrerin gegangen bin und mir gesagt wurde "dann wehr dich halt mal", hab ichs nächste mal geschwänz.
    Die Konsequenz: ich durfte Nachsitzen. "Es sind eben Raufereien unter Kindern."
    Vielleicht hätte ich mir wirklich den schwächsten raussuchen sollen, der mich gepiesakt hat und ihm richtig eins auf die Zwölf geben sollen. Andererseits hatte ich schon damals die Einsicht, dass es keine gute Idee ist, Feuer mit Feuer zu bekämpfen.

    Ich habe seitdem jedenfalls ein extrem schlechtes Bild nicht nur von Sportlehrern (in 13 Jahren Schulzeit hatte ich einen einzigen, dessen didaktischen Methoden dem, was ich heute in meinem Pädagogikstudium lerne, angemessen sind) sondern auch von denen, die sich primär über ihre körperliche Leistungsfähigkeit definieren.
    Das Schöne ist: nach der Abitur kann man diesem Pack ganz gut aus dem Weg gehen.

    Was mir dein Post auch zeigt: das deutsche Schulsystem ist erbarmungslos. Das mag in Bayern noch ne Spur schlimmer sein. Es gibt zum Glück auch Lichtblicke, das Problem ist, dass es gearde in Bayern kaum integrierte Gesamtschulen oder andere Schulen mit progressiven Ansätzen gibt. Esospinnerei wie die der Waldorfschulen gehören für mich nicht dazu, dass Kinder würdig behandelt werden macht alleine noch keine gute Lehranstalt aus.

    Eines mus sich noch loswerden: den Text kannst, nein, solltest du, um mindestens 50% kürzen. Sonst lesen ihn nur Leute wie ich, bei denen du eh offene Türen einrennst.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Mein Glück war, dass ich in meiner späteren Schulzeit auch gute Lehrer kennengelernt habe. Sehr gute.

      Einer Lehrerin an der Realschule in Weilheim habe ich meine Ausbildungsstelle zu verdanken, mit einer anderen habe ich noch heute Kontakt. Selten, aber doch.

      Es gibt beide Seiten. Es sind Menschen. Aber ja, Sportlehrer sind schon ein besonderer Menschenschlag in vielen Fällen ;)

      Löschen
  8. Hey,

    nach den vorherigen Beiträgen möchte ich auch mal eine andere Facette ins Bild bringen. Denn Schule ist bei weitem nicht erbarmungslos. Lehrer sind nicht allmächtig, Kinder haben Rechte. Das System Schule umfasst Lehrer, Eltern, und Schüler und alle haben auch Kontrollfunktionen. Wenn Lehrer und Schulleiter an einer Schule ihre Arbeit nicht richtig machen dann haben Eltern das RECHT und die Möglichkeit sich hier einzumischen. Das muss man nur auch TUN. Die Möglichkeiten muss man wahrnehmen. Man kann nicht darauf vertrauen, dass an Schulen nur noch gute engagierte Lehrer rumlaufen. Es wird immer scheiß lehrer geben die durchs Raster fallen. Und das ist nicht nur bei Schule so sondern auch im Arbeitsleben.

    Dein Fall ist extrem traurig und bedeutet für mich ein Versagen all der Ebenen die für das Kindeswohl verantwortlich waren. Solche Lehrer wie dieser Sportlehrer gibt es immer wieder. Das der Schulleiter anscheinend nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat nachdem er das gehört hat spricht dafür dass an der Schule einiges nicht richtig lief. Neben dem Schulleiter gibt es allerdings auch noch die Elternvertretung, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Schule ausübt. Und kommt man in der Schule nicht weiter so kann man sich auch noch an die Schulaufsicht wenden. Diese hätte bei so einem krassen Fall direkt eingegriffen. Und die sind nicht zimperlich bei solchen Fällen. Da werden Disziplinarstrafen rausgegeben die bis hin zum Ausscheiden aus dem Schuldienst gehen und das nicht selten. Und sollte das ALLES nix bringen hätten deine Eltern sich auch von sich aus einfach entscheiden können dich von der Schule zu nehmen. Du hast zu dem Zeitpunkt der Schulpflicht unterlegen aber die Wahl der Schule obliegt den ELTERN.

    Neben der katastrophalen Reaktion/Versagen der Schulleitung bei diesen Fall liegt hier der Hund auch bei den Eltern begraben. ICH würde bei so einer Geschichte als Elternteil Krawall auf allen diesen Ebenen machen. Man hat als Elternteil das Recht dazu und wenn man all diese Möglichkeiten ausschöpft bewegt man in der Regel auch was und nicht zu wenig. Ich kenne Fälle, in denen die Schulaufsicht ganze Lehrerkollegien über ein ganzes Jahr beobachtet und Zwangsversetzungen an verschiedene andee Schulen veranlasst hat sodass am Ende ein komplett neues Kolegium da war.

    Zu der Arbeit des Jugendamtes kann ich nur sagen, die find ich richtig. Man muss ein Kind nach so ner Geschichte auffangen. Und das hat ja auch funktioniert mit der Maßnahme über das SOS Kinderdorf.

    Was ich hier aber auch mal klar sagen möchte ist, dass das Internet nicht nur Lebensretter ist. Denn nicht nur die, die dich auffangen haben Internet sondern auch die die mobben. Mein Bruder wurde ganz stark von Mitschülern gemobbt. Das ging soweit, dass über die Jahrgangsstufen hinweg gemobbt wurde. Und da wurde nicht von den Lehrern gefeixt und gesagt "stell dich nicht so an" wie mein Vorredner hier den Alltag an Schulen fälschlich darstellt. Hier haben die Lehrer vorbildlich gearbeitet, die mobbingproblematik sehr ernst genommen Schoolworker mit eingeschaltet und und und.. Aber das hat alles nix genutzt und meine Mutter hat sich entschieden meinen Bruder von der Schule zu nehmen. Jetzt muss der morgens um 5 Aufstehen um von Saarlouis aus nach Rheinland Pfalz in die Schule zu fahren.

    Und weißt du warum die Schule so weit entfernt ist? Weil die Schüler die den gemobbt haben über Facebook an ihre Freunde in den Nachbarschulen geschrieben haben. Für meinen Bruder waren WEGEN DEM INTERNET alle Schulen im Umkreis schonmal tabu und potentiell gefährlich. Meine Mutter Das ist nämlich die Kehrseite vom Internet.

    Jetzt muss man die Kinder schon in ein anderes Bundesland in die Schule stecken weil die Mobber vernetzt sind und man nur so sichergehen kann dass die Geschichte nicht weitergeht.


    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Rechte sind einem 15-jährigen nur leider nicht klar. Dazu muss man auch den Mut aufbringen, sich wirklich gegen seine Lehrer und Schule aufzulehnen. Diese sind in dem Alter eine Autorität, die nicht unbedingt den Eindruck erweckt, man hätte eine Chance. Traurig, aber es ist so.

      Und auch das Schulamt hat jetzt nicht so arg viel gemacht. Es war nunmal ein einzelner Schüler. Was zählt der schon? Wird halt keine Lust auf Schule haben.

      Löschen
  9. Guter Blogpost, danke.

    Es erinnert mich an meine Schulzeit (ich bin 50, es ist also schon eine Weile her) und ich habe nach dem Lesen Tränen in den Augen.
    Dein Post erinnert mich an das Mobbing meiner Lehrer (ich wurde bevorzugt von den Sprachlehrern immer vor die Klasse zitiert, wurde abgefragt oder musste auswendig vortragen dabei wurde ich bei Fehlern lächerlich gemacht. Das passierte nur mir und einem weiteren Schüler). In Sport habe ich fast das gleiche erlebt (unser Lehrer war ein ehemal. Frontkämpfer in WKII, Stalingrad wie er behauptet und wollte uns "ertüchtigen" und wehe man konnte es nicht).

    Mir war jeden Morgen schlecht wenn ich in die Schule musste und ich hatte den ganzen Tag Panik.
    Meine Eltern, denen ich es anfangs einmal erzählt habe hatten keinen Einfluss auf die Lehrer (ja genau, Lehrer halten zusammen und man ist ja nur ein Kind, das übertreibt).
    Danach redete ich mit niemanden mehr darüber auch aus Angst noch mehr gemobbt zu werden.

    Fazit ist: Ich kann immer noch nicht vor einer auch noch so kleinen Gruppen reden, Reden mit Fremden Menschen versetzt mich in Panik und ich schweige lieber aus Angst etwas falsche zu sagen. Das schränkt einem im Beruf und privat enorm ein!

    Und sage jetzt niemand man kann die Angst einfach überwinden oder die Panik ignorieren. Nein, es geht nicht! Ich kann das auch nur hier schreiben, jmd. erzählen könnte ich es nie.


    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist das gefährliche an diesen Dingen. Ein Kind wird leicht nicht ernst genommen. Das lernt man früh und richtet sich danach aus.

      Ich freue mich aber, dass du hier darüber schreiben kannst. Mir hat der Beitrag viel gebracht, es war stark befreiend.

      Löschen
  10. Danke und Respekt für Deinen Blogpost. Letztlich zeugt er von Deine Stärke, nichts Anderes ist es als Stärke zu sich selbst mit seinen Erfahrungen, Schwächen und Tränen zu zeigen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke :) Es kommt leider nicht immer ein solch positives Echo, wie ich es gerade erlebe.

      Löschen
  11. Ich ziehe meinen Hut vor Deiner Stärke.

    Und: ich wünschte, Du fändest die Kraft, Deiner Mutter diesen Blogpost zu zeigen.
    Und auch: der alten Schule auch, mit Namen von Sportlehrer, Klassenleiterin und Direktor.

    Denn: schämen sollten die sich. Alle miteinander.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Meine Mutter wird das nicht zu sehen bekommen. Ich bezweifle, dass sie das findet :)

      Ich hab in dem Telefonat nach dem Satz aufgelegt. Es kam bis jetzt kein Rückruf. Bin gespannt, wann das kommt. Und ich kann noch nicht abschätzen, wie ich reagiere und ob ich den Hörer abnehme.

      Der Schule brauche ich es auch nicht mehr zu zeigen. Alle 3 sind nichtmehr dort. Ob sie an anderen Schulen sind, weiß ich natürlich nicht. Vom Alter her gehe ich aber eher davon aus, dass die 3 sich inzwischen in Rente befinden.

      Löschen
    2. Der Schulleiter Herr W. ist auch nicht mehr da?

      Löschen
  12. Lasst es uns besser machen, Piraten! Bessere Lehrerbildung und Schulreformen. Deine Geschichte spornt an, sich mit dem Bildungsthema verstärkt zu beschäftigen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Bildung ist ein Thema.

      Die Gesellschaft sensibilisieren, nicht wegzusehen, ist ein anderes Thema. Ihre Kinder ernst zu nehmen. Männern auch Schwäche zuzugestehen.

      Ich habe das Gefühl, das alles wird besser. Leider nur langsam, aber es ist ein Anfang.

      Löschen
  13. Toller Text! Kann einiges daraus auch auf mich beziehen! Hat deine Mutter zufällig vor Kurzem Spitzer zugehört?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Wir haben während der Jauch-Sendung telefoniert. Sie hatte den Anfang davon gesehen, ich auch. Mir hat das schon gereicht. Ihr hat er wohl ihre Meinung bestätigt :)

      Löschen
  14. Ich habe auch Lehrer erlebt, die sich ähnlich menschenverachtend geäußert haben. Es ist für mich immer wieder schwer zu fassen, warum es scheinbar so viele dieser Lehrer gibt. Vielleicht ist es für sie tatsächlich Spaß. Für die Betroffenen kann es im buchstäblichen Sinne alles zerstören.

    Danke, dass du deine Erfahrungen geteilt hast.

    Liebe Grüße,
    Stjama

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich kann es auch nicht verstehen. Wir wissen auch nicht, wie sein Leben vorher verlaufen ist. Viel schlimmes Verhalten lässt sich erklären. Nicht entschuldigen, aber erklären.

      Löschen
  15. Danke für Deine Geschichte! Danke für Deinen Mut!

    Mein Sohn (9) hat auch immer wieder Probleme in der Schule, mit Lehrern. ... und es ist schwer, so schwer. Die Lehrer halten zusammen. Das stimmt, das hab ich selbst schon in der Schule gelernt - weil ich auch immer aus der Norm fiel. ;) ... und heute? Heute lerne ich das wieder, immer wieder. Er hatte so Probleme mit seiner Mathelehrerin. Sie hat ihn getrietzt und keinen hat es interessiert... ich wurde... BELÄCHELT.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich finde es gut, dass du hinter ihm stehst. Allein das sollte ihm helfen. Jemand, der den eigenen Rücken stärkt ist unglaublich viel wert.

      Meinen "Lehrer halten zusammen"-Satz muss ich aber relativieren. Das ist mir zwar immer wieder aufgefallen. Ich hatte aber ein Erlebnis mit einem Lehrer, bei dem das nicht stimmte. Da gab es kleinere Probleme in der Berufsschule und der Lehrer hat sich vor Rektor und Klassenleiter für mich eingesetzt. Und es hat funktioniert.

      Leider war er eine seltene Ausnahme, aber auch die gibt es.

      Löschen
  16. Hi.
    Erstmal danke für das Teilen deiner Geschichte. Ich würde dich gerne noch 1-2 Sachen dazu fragen. Ich heiße Twister (Bettina Hammer), schreibe u.a. für Telepolis und dass ich keine persönlichen Daten weitergebe ist selbstverständlich (nur mit deiner Zustimmung). Nur würde ich die Fragen hier ungern stellen und dich damit belästigen - falls du dazu noch etwas sagen würdest, wwürde ich das gerne thematisieren (natürlich dann eben anonym, wie gesagt). Du kannst mich insofern gerne kontaktieren: twister@twistie.at

    Liebe Grueße

    Twister
    (die in der Schulzeit wohl buchsüchtig war weil es das Internet noch nicht gab - da habe ich mich vor den Mobbenden draußen dann in meine Bücherwelten geflüchtet und auf der mechanischen Schreibmaschine meine Geschichten geschrieben oder eben gelesen...)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hi Twister.

      Ich habe dir ja schon eine Mail geschrieben. Ich freue mich auf die Antwort und bin - wie da ja schon gesagt - gerne bereit, noch Nachfragen zu beantworten. Das Thema liegt mir am Herzen.

      Löschen
  17. Ich wurde auch gemobbt von meiner Klassenlehrerin. Damals war ich in der 5. Klasse. Sie ist allerdings subtiler vorgegangen als dein Sportlehrer. Internet hatte ich damals 1996 natürlich noch nicht. Bin dadurch immer mehr zum Außenseiter geworden und hab die Schulpausen auf der Toilette oder in der Bücherei verbracht.

    Ich fand die Sendung auch schlimm. Unglaublich dass der Spitzer immer noch ungestraft seine Lügen und populärwissenschaftlichen Thesen zur besten Sendezeit verbreiten darf.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Mir ist unklar, woher seine Abneigung kommt. Wahrscheinlich ist es - wie bei vielen anderen - einfach Angst vor einer Neuerung.

      Angst ist ein starker Antrieb, in gute wie in schlechte Richtungen. Bei ihm wohl leider eher die schlechte Richtung :/

      Löschen
  18. Vielen Dank für diesen grossartigen Blogpost!

    Beim Lesen konnte ich schon die Muster erkennen, und auch wenn ich kein so konkretes Ereignis aus meiner Geschichte benennen könnte, die Umstände und Handlungsmuster kenne ich aus meinen Erfahrungen genau so wie du sie aufzeigst.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es ist wirklich traurig zu sehen, dass so viele Leute ähnliche Erfahrungen haben. Die vielen Zuschriften heute zeigen mir ein Gesellschaftsbild, das man nur als Armutszeugnis beschreiben kann. Aber vielleicht braucht es erst genug Leute mit solchen Geschichten, damit die dann eine ausreichende Menge bilden und damit politisch und gesellschaftlich relevant werden.

      Die Zeit heilt alles. Zur Not auch eine ganze Gesellschaft.

      Löschen
  19. hallo lieber pirat_ws,
    ich würde dich gern per mail kontaktieren - könntest du mir eine kurze mail an mail@saschalobo.com senden? ärgerlicherweise eilt es etwas. dankeschön, und fühl dich unterstützt.

    AntwortenLöschen
  20. Ich habe eine ähnliche Geschichte durchgemacht und leide auch heute darunter. Das Problem ist so drastisch, weil neben den schlechten Erfahrungen mit Gleichaltrigen und Lehrern auch das innerste Familienverhältnis/Urvertrauen flöten geht. Ich lebe ziemlich zurückgezogen und werde wohl mein Leben nicht darüber hinwegfinden.

    Lange habe ich überlegt ob ich das folgen hier überhaupt schreiben sol. Auch ich bin von zuhause in ein betreutes Wohnen/WG gezogen und hatte mehrere Monate keinen Kontakt zu meinen Eltern. Ich hatte beruflich Glück und bin in eine andere Stadt gezogen, habe aber immer irgendwie versucht das Verhältnis zu normalisieren und mir mit jedem Telefonat gewünscht, dass meine Eltern eventuell auch einsehen, dass "mein Weg" so schlecht nicht ist. Mir zumindest etwas Anerkennung zeigen und mich nicht weiter kritisieren oder provozieren "Der xy aus deiner Klasse ist jetzt z! Warum hast Du nur…". Neben den sehr häufigen Telefonaten war ich vielleicht 2-3x im Jahr bei meinen Eltern und meiner damals noch lebenden Oma. Auf dem Rückweg war ich dann immer total niedergeschlagen, hatte immer Hoffnung die enttäuscht wurde. Immer und immer wieder:

    In Zeiten als es mir schlecht ging und ich mir Unterstützung erhoffte, kamen dann auch wieder die alten Vorwürfe durch, genau wie von Dir beschrieben.

    Zur finalen Eskalation kam dann ein Besuch meiner Eltern: Ich hatte sie eingeladen, weil sie nie in meine Stadt gekommen waren und ihnen ein schönes Hotelzimmer bezahlt. Leider fing das ab der 1. Minute an schief zu gehen. Meine Eltern behandelten mich wie ein Kleinkind, mein Vater selbst war allerdings das größte Kind. Es war grauenvoll.

    Es sind dann noch schlimmere Sachen passiert: Ich würde von einem dritten beleidigt und habe darauf reagiert. Der Typ wurde gegen uns handgreiflich. Ich wollte die Polizei verständigen, aber mein Vater gab mir das Handy nicht — meines war einen Tag zuvor kaputt gegangen.

    Stattdessen lief er einfach weg. Meine Mutter hinterher.

    So wie damals, als ich erzählt habe, wie ich in der Schule gemobbt und verdroschen wurde. Wie die Lehrer zugesehen hatten. Oder als mein Onkel mich im Suff grün und blau geschlagen hat und meine Eltern das mitbekommen, ja ihn sogar dazu aufgefordert hatten.

    Ich bin froh, dass ich soweit von ihnen weg wohne. Ich habe seit diesem Tag keinen Kontakt mehr und kann für nichts garantieren, wenn ich diese zwei Personen noch jemals lebend sehe.

    Ich habe den Fehler gemacht, Hochverrat mehrmals zu verzeihen, habe die Schuld immer auf mich bezogen und war auch mehrmals nah dran, mein Leben zu beenden.

    Ich habe mir aber geschworen, dass dies nie passieren wird.
    Bevor ich sterbe, sterben andere zuerst.



    AntwortenLöschen
  21. ... kaum zu glauben, dass diese Gesellschaft exakt nichts aus Erfurt, Emsdetten, Winnenden, Ansbach gelernt hat. Auch wenn die im Blogpost geschilderte Situation vorher war, würde es, glaube ich, niemanden überraschen, wenn das Ganze erst zwei Wochen her gewesen wäre.

    Andererseits: Ich habe nichts derlei erlebt. Ich kann es letztlich nicht nachvollziehen, und bin da ehrlich gesagt auch ganz froh drum. Ich könnte aus meiner ehemaligen Klasse bzw. Stufe mindestens fünf Personen nennen, die wahrscheinlich ähnliches, wenn auch nicht so krass, erlebt haben könnten.
    Und ich weiß genau, dass ich in keiner einzigen Situation ein Verhalten an den Tag gelegt habe, auf das ich heute stolz wäre. Ich bin nie dazwischen gegangen - vermutlich auch aus Angst, der nächste zu sein.
    In der Uni habe ich dann festgestellt, dass ein Umgang, wie er in meinem damaligen Freundeskreis üblich war, nicht der einzige Umgang sein muss. Seitdem habe ich einen neuen Freundeskreis, zum alten habe ich keinen Kontakt mehr.

    PS: Ich bin wegen SPON hier :)

    AntwortenLöschen
  22. Sehr bewegend erzählt.
    Als Lehrer macht es mich vor allem wütend. Es tut mir leid, was Ihnen angetan wurde. Für so etwas gibt es keine Entschuldigung.

    AntwortenLöschen
  23. Hallo ws_pirat,
    ich finde es sehr gut, dass du darüber geschrieben hat. Vor allem wurde auch durch die Kommentare deutlich, dass Mobbing eben häufig eben nicht (nur) von SchülerInnen, sondern sogar von LehrerInnen ausgeht. Das macht es doppelt schwierig, wenn zum Einen eine sogenannte Respekts-, Bezugs- oder sogar Vertrauensperson ihre Macht missbraucht, und zum Anderen weil es eben auch den gesellschaftlichen Erwartungen zuwiderläuft, dass auch LehrerInnen sowas tun.
    Und ja, noch immer werden viele Jungen traditionell erzogen, keine Schwäche zeigen, nicht weinen, etc. Dabei ist es doch in vielen Lebenssituationen sinnvoll oder auch notwendig, sich professionelle Hilfe zu holen, genauso wie man bei einem Rechtsstreit ja auch zum Anwalt gehen würde.
    Können wir das bitte den Jungen und Mädchen vermitteln, die jetzt in die Schule gehen...

    AntwortenLöschen
  24. Ein sehr eindrückliches Post, das mich zutiefst berührt hat. Ich hatte zwar zum Glück nie mit Mobbing zu tun, kenne das, was du beschreibst, aber zumindest in Teilen aus meinen Erfahrungen mit Depression - wobei ich nicht sicher bin, ob das bei dir nicht auch eine war, als Folge des Mobbings. Auch ich ziehe mich in solchen Phasen zurück. Auch für mich ist das Netz dann manchmal das einzige durchschreitbare Tor zur Welt. Und auch ich kenne es, dass es Menschen gibt, die hier Ursache und Wirkung verwechseln....

    AntwortenLöschen
  25. Vielen Dank, dass du uns dein Herz ausgeschüttet hast. Ich wurde selber in der Schule gemobbt, allerdings meistens von den Klassenkameraden und weniger von den Lehrern. Hatte allerdings keine Freunde, nur Bekannte, die mich toleriert haben... Meine Mutter hat mich zwar geliebt und unterstützt, aber ich konnte ihr das alles nicht erzählen. Ich bin jeden Tag alleine zur Schule gegangen und habe gehofft, dass es bald endet. Ich habe oft an Selbstmord gedacht aber für mich war das wie Aufgeben, die anderen hätten endgültig gewonnen und meine Mutter wäre nie wieder glücklich geworden, hätte die Schuld bei ihr gesehen...
    Internet hatten wir noch nicht, aber auch so hat die "Flucht" in Computerspiele und vor allem Bücher geholfen. Ein paar Stunden ohne Sorgen und ohne Selbstzweifel. Ich habe während diesen Jahren mindestens ein Buch pro Woche gelesen und habe den Rest meiner Freizeit am PC verbracht. Manchmal frage ich mich, ob ich meine Jugend verschwendet habe, dann denke ich an diese dunklen Stunden zurück und weiß, dass ich ohne meine Zeit mit Büchern und PC gar keine Jugend gehabt hätte. Die ganze Sache hat sich komischerweise super auf meine Noten ausgewirkt. Einige Lehrer waren nett zu mir und haben mich moralisch aufgebaut. Sie waren die einzig netten Personen in der Schule. Ich habe ihnen zwar nichts von meinem Leidenszustand erzählt (einmal versucht, aber hat die Sache nur verschlimmert), trotzdem sind manche Lehrer auch einfach nur nette Menschen. Ich habe dann versucht diese Nettigkeiten mit Fleiß und Leistung zurückzuzahlen. Meine guten Noten haben sich aber nicht gut auf das Mobbing ausgewirkt.
    Die einzigen Momente, an denen ich mich wirklich als Teil der Klassengemeinschaft gefühlt habe, war während des Mobben von anderen Leuten. Ich habe da mitgemacht, es hieß ein Tag Ruhe für mich. Stolz bin ich darauf nicht.
    Nach der 10. Klasse sind die schlimmsten Mobber von der Schule gegangen, dann wurde es besser. Ich habe versucht nicht aufzufallen und der Rest der Klasse bestand vor allem aus Mitläufern. Mit den meisten verstehe ich mich heute sogar relativ gut... Im Rückblick kamen meine Mobber aus kaputten Familien und hatten es selber wahrscheinlich nicht leicht. Vergeben kann ich ihnen trotzdem nicht, sie haben ja noch nicht mal darum gefragt.

    Tut mir Leid, dass es so lang geworden ist. Ich hab mir das einfach von der Seele geschrieben.

    Ps. Toll jetzt sitze ich hier in der Bibliothek und heule... Ich sollte doch mein Paper fertig schreiben

    AntwortenLöschen
  26. Bin über einen guten Artikel von Sascha Lobo auf Spiegel Online hierher gekommen. Die Reaktion Deiner Mutter erinnert mich an die Eltern in dem Film "Club der toten Dichter", die sich keinen Zentimeter in die Gefühlswelt ihrer Kinder hineinversetzen können. Es ist doch schön wenn man für alles eine leicht verdauliche Erklärung findet.

    Erschreckend finde ich auch die Reaktionen der Ämter und Behörden. Anstatt den Lehrer zu suspendieren oder einer anderen Klasse zuzuweisen, wird das Kind, das vor den Drohungen des Lehrers Angst hat und flüchtet, psychiatrisch behandelt. Solch eine Behandlung hätte ich eher dem Full-Metal-Jacket Lehrer angedeihen lassen.

    Dir alles Gute!

    AntwortenLöschen
  27. Danke für deinen Mut!

    Dein Artikel berührt, ging es mir früher ähnlich. Traurig, dass wohl viele ebenso Ähnliches durchmachen mussten.

    Meinen Eltern will ich in meinem Fall aber keinen Vorwurf machen - weil auch ich habe mich damals versteckt, mich geschämt.

    Beleidigungen, Drohungen "Das erzähle ich deinen Eltern..." oder Gängelungen in Sport. Gerätesport war die Hölle. Und wenn ich zurück denke, fällt mir auf, dass männliche Mitschüler noch stärker betroffen waren. Ich hatte Glück. Wir sind damals umgezogen und in der neuen Schule war es anders.

    Aber in den ersten Chats (IRC *g*) fand auch ich damals Menschen, mit denen ich ehrlich reden konnte. Leute die nicht so provinziell und offener dachten, wie man Umfeld damals auf dem Dorf. Und meine Eltern? "Du wirst noch internetsüchtig." "Schlechte Note? Internetverbot!" Naja...

    AntwortenLöschen
  28. Hej, lieber ws_pirat,

    wow, da hat mich das Mal-eben-in-der-Mittagspause-den-Lobo-lesen aber volle Kanne rausgerissen!
    Danke für deinen Mut und deinen Post.

    Ich bin glücklicherweise nie auf derartige Weise Opfer geworden -- in unserer Klasse hatten wir das große Glück, dass das beliebteste Mädchen von überaus noblem Charakter war und alle, die 'anders' waren, unter ihren persönlichen Schutz gestellt hat. Und gegen die LehrerInnen waren wir eine verschworene Gemeinschaft.

    Ich wurde [neben den Betrachtungen über die Wahrnehmung des Internets, bei der ich Sascha Lobo aus vollem Herzen zustimme] vor allem auch angeregt, mir Gedanken über die Reaktion deiner Mutter zu machen. Einerseits kann man es mit einer klassischen Reaktion auf Kognitive Dissonanz erklären [Wahrscheinlich kennst du die Theorie schon (http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz), weil sie mittlerweile voll Mainstream ist ;)] -- da sie, wenn sie dein Leid anerkennt, auch ihre damalige Blindheit dafür eingestehen müsste.

    Zum anderen erkenne ich dahinter aber auch ein klassisches gesellschaftliches Muster im Umgang mit Opfern - man nimmt sie als 'lamentierend' und schwarzweißdenkend wahr und reagiert mit Relativierung (sich selbst nimmt man dabei meistens als 'umsichtig', 'differenziert', 'ich mache es mir nicht so einfach' etc. war), häufig auch einfach aus dem ehrbaren Impuls heraus, zu denken, SOOO schlimm könne die Welt doch einfach gar nicht sein. Vielleicht kennst du so eine Reaktion an dir selbst, wenn du Leuten zuhörst, die von strukturellem Rassismus/Sexismus o.ä. betroffen waren oder sind. Ich versuche gerade, mir diese Reaktion abzutrainieren, indem ich möglichst vielen Menschen zuhöre, die Opfer (meistens durch den Mangel eines oder mehrerer Privilegien) geworden sind und versuche mir hinter die Ohren zu schreiben: Opfer dürfen unbequem sein. Man muss sie "schwarz-weiß" denken lassen, denn nur so kann die Heilung einsetzen, und man muss ihr Leid vollumfänglich anerkennen.
    Insofern möchte ich gerne hingehen und den 15jährigen Piraten umarmen. :) Du. Hast. Keine. Schuld! Ich wünsche dir, dass du die Erfahrung verarbeiten und hinter dich bringen kannst.

    Herzliche Grüße aus dem Norden

    iphigenia

    (Sorry, dass ich hier küchenpsychologisiere, aber das musste raus, damit ich mich jetzt wieder meinem aktuell vorliegenden nervigen Stück Bürokratie widmen kann. ;))

    AntwortenLöschen
  29. Klasse Post. Berührende Geschichte. Ein Plädoyer für Zivilcourage und sich von der Angst und der Gruppe nicht unterkriegen zu lassen. Leicht gesagt, schwer umzusetzen. Kenne es aus eigener Erfahrung. Ich bin 3 Jahre von meinen Klassenkameraden in der Berufsschule gemobbt worden. Verspüre heute, über 10 Jahre später, immer noch einen tiefen Groll und Hass gegenüber den damaligen Quälern und Sich-Lustig-Machern. Solche Wunden sitzen tief. Man muss sich immer wieder auf's Neue stellen.

    Also, danke fürs posten, macht mir Mut meine Geschichte eine Tages auch "öffentlich" zu machen. Alles Gute, und ja, das Internet hat auch seine guten Seiten!:)

    AntwortenLöschen
  30. Bei mir war es ein Deutschlehrer. Bedauerlicherweise hatten wir ihn in der 8. und 9. Klasse. Meine nie guten Deutschnoten sind bereits im ersten Halbjahreszeugnis von 3 auf 5 abgefallen, im weiteren Verlauf hatte ich bei diesem Lehrer nie eine bessere Note. Anschließend war ich wieder auf 3.

    Fast unterrichtstäglich meinte der Lehrer zu mir, ich solle endlich ins Sekretariat gehen und mich abmelden, er würde allemal dafür sorgen, dass ich kein Abitur bekäme, ich sei ein "fauler Parasit". Keiner der Mitschüler reagierte.

    Einmal war Aufruhr - nach dem Suizid einer Mitschülerin (der nichts primär mit der Schule zu tun hatte) meinte dieser Lehrer "na ja, es sind nicht immer die Falschen, die sich wegschaffen". Der Schulleiter wurde unter anderem durch mich informiert, er schien mir auch zu glauben. Danach war es noch schlimmer: "Dreckiger Lügner" und ähnliche Begriffe waren an der Tagesordnung. Und immer noch: Niemand von den Mitschülern reagierte.

    Dann erzählte ich die Geschichte meinen Eltern, mein Vater ging in die Lehrersprechstunde. Dort wurde über "Missverständnisse" geredet und festgestellt, dass der Lehrer mit meinem Vater die gemeinsame politische Ansicht teilten. Mein Vater war um den Finger gewickelt, keine Hilfe. Der Lehrer sprach mich in der nächsten Stunde darauf an und meinte, wenn ich noch einmal "dreckige Lügen" über ihn verbreiten würde, würde er mich "fertigmachen" und im Zweifelsfall würde man ihm ja noch eher glauben als einem "kleinen, verlogenen, faulen Sack".

    Dann habe ich den Wechsel an eine andere Schule angepeilt - ich hätte nun täglich 15km mit dem Fahrrad fahren müssen anstatt 10 Minuten laufen, aber das wäre es mir wert gewesen. Als meine Klassenlehrerin davon erfuhr, hat sie mir informell mitgeteilt, dass der betreffende Lehrer an eine andere Schule versetzt wird, mit dem neuen Schuljahr. Ich hatte ihn los.

    Das alles geschah übrigens Mitte der 1970er in einem Gymnasium in einem süddeutschen Ballungszentrum. Und das macht mich heute noch wütend.

    AntwortenLöschen
  31. Hallo,

    Ich bin 38 Jahre alt und in der Schule 3 mal sitzen geblieben, Lehrer hatte ich oft als Feinde und ich glaube auch das die sich verbündeten. Im Studium habe ich auch länger gebraucht. bin auch im Studium nur aufgefallen und zwar negativ. Ich hatte mein Image und habe mich für mein Verhalten geschämt, den ich bin falsch, Angst ist etwas wovon ich sehr viel habe.

    Ich habe viele Prüfungen doppelt und dreifach gemacht. Sogar das Praktikum zweimal, die Diplomarbeit zweimal geschrieben und mein Praktikumsbetreuer hat mich im Studium fallen gelassen. Es gab immer die asigen Lehrer und die asigen Profs. aber auch dann welche die halfen. Nur das dumme war, wenn du ganz unten bist und alle über dich weg laufen und du röchelnd am Boden liegst, dann kommt irgendwo einer her der hilft. Als Kind bist du eh der Arsch. Ich kann dir mal meinen Kommentar von meiner Lehrerin vorlesen 2. Klasse, ich war 7 Jahre alt. Eine erwachsene Lehrerin gegen ein kleines Kind zum Thema Arbeitsverhalten.:

    “ H. benötigt noch häufig besondere Zuwendung und Überwachung, da er bei den Arbeitsanweisungen nicht richtig zuhört. Er ist leicht ablenkbar und oft noch nicht bereit, eine Aufgabe gegen seine Neigung zu bearbeiten.“

    Man wird in der Schule nun mal geformt ob man das will oder nicht.

    Aber auch das bringt nicht weiter. Die Schäden die entstanden sind durch Eltern, Schule, die Familie, die Ablehnung und Demütigung von anderen ist heftig. Das was ich wollte durfte ich nicht sein und das was ich sein sollte, da kackte ich ab und zerbrach dran.

    Schläge, vor allem verbale, gibt es überall. Bevor ich mich umbringe, dachte ich, ich habe ich mit dem Schreiben begonnen und entdecke heute so viele Ungerechtigkeiten, Bestrafungen, Zucht und Ordnung wegen nichts. Mein Lebenslauf ist voll mit Praktika. Ich habe keine Job und kriege immer die Panik, wenn ich Stellenanzeigen als Wirtschaftsingenieur lese, was ich mal studierte, dann habe ich sofort Bilder des Versagens, der Demütigungen, der Ohnmacht, der Überforderung, Hilflosigkeit, der Scham vor meinem geistigen Auge. Der Schmerz sitzt so tief für belangloses, nichtiges Zeugs, dass so heftig bestraft worden ist, das mir das Heute das Leben schwer macht. Und ich mich frage warum? Warum verprügeln erwachsene Menschen Kinder? Was hat man den Erwachsenen angetan das sie so handeln? Die Welt ist voller Irrer, die die unschuldigen Kinder als Irre darstellen.

    Mit 38 irgendwo einen Berufseinstieg zu finden fällt eh raus. Ich bin mein ganzes Leben weggelaufen, habe dies und das gemacht, nie irgendeinen festen Platz gefunden sondern immer nur so hier und so da. 16 Jahre Schule + 7 Jahre Studium (FH) und nur Praktika, Noten im 3er und 4er Bereich, mal hier mal da, das will keiner haben.

    Und jetzt der Hammer, neulich habe ich rausgefunden das ich hochbegabt bin. In der Schule hat das niemand gesehen und die Eltern auch nicht. Ich wäre beinahe auf der Sonderschule gelandet. Nicht nur das Schule langweilig war, da kam dann auch noch die anderen Mächte hinzu die Druck machten. Und jetzt sitze ich hier und schreibe und hoffe dass ich den Fuß auf den Boden bekomme.

    Das weinen hat man mir übrigens auch verboten und Jahre lang hatte ich das unterdrückt und vor kurzem habe ich alles rausgelassen. Das kannte ich so auch nicht von mir.

    Jetzt sitze ich hier mit einem Ferrari Motor im Kopf mit 500 PS, hätte sonst was schon erreichen können und laufe nur auf zwei Zylindern. Das ist doch nicht ökonomisch.

    Der neu geborene Mensch ist wie ein Laptop den man gerade neu gekauft hat. Alles funktioniert einwandfrei, die Hardware und die Software. Der Mensch funktioniert genauso. Der Körper ist die Hardware und die Seele die Software und sobald man das LAN Kabel einsteckt und keine entsprechende Virensoftware hat, kann man nachdem die Software abgekackt ist die Festplatte neu formatieren. Nur ein Menschenhirn zu formatieren und ein neues Programm drauf zu packen ist weit aus schwieriger, wenn man den Virus nicht kennt. Und als Kind hat man keine Virensoftware, da kommt dann jeder an und ladet seinen Müll ab.

    AntwortenLöschen
  32. Ich bin Ü50.
    Meine Schulzeit habe ich hauptsächlich am Gymnasium an der Kurt-Schumacher-Allee in Bremen verbracht.
    So etwas gab es bei uns an der Schule nicht, den Lehrer hätte die Schülerschaft fertiggemacht. Und wir hatten einige harte Brocken, ehemalige Weltkriegsteilnehmer, ich denke da nur an meinen Top-Sportlehrer Drei-Finger-Joe Eichler.
    Aber heutzutage ist das anders, die Lehrer an der Grundschule am Rahewinkel und am Luisengymnasium in Hamburg sind fast alle ziemlich ... suboptimal.
    Ein Wechsel meines Sohnes an die Gesamtschule Mümmelmannsberg zeigt dann aber, das es sie noch gibt, die Top-Lehrer, die ich von früher kenne.
    Und mein Sohn ist kein Einzelfall, bei uns in Hamburg bleiben die Proleten, Nichtskönner und Vitamin-B-Aspiranten auf den Gymnasien, während die Normalos und Hochbegabten auf die Gesamtschulen wechseln.
    Doch niemand geht gegen die verantwortungslosen und inkompetenten Lehrer an den Grundschulen und Gymnasien vor.

    AntwortenLöschen
  33. Schule ist auch bei mir jetzt ein wenig her. 6 Jahre. Und die letzten 2 davon waren wirklich gut. Eine nette Stufe, tolle Lehrer. Ich kann behaupten, dass ich mit gutem Gefühl aus der Sache heraus gegangen bin.

    Und jetzt sitze ich trotzdem hier und heule Rotz und Wasser. Denn um gut aus der Sache raus zu kommen musste ich im Endeffekt 2x die Schule wechseln, 2x sitzen bleiben und als dann alles vorbei war brach ich 1 Jahr später zusammen. Weil der Leistungsdruck und die Erwartungshaltung nachhallten. Immer noch hallen. Und weil ich bis heute Angst vor Autoritäten habe. Zugegeben auch nach der Schule gab es ein paar Erlebnisse die das durchaus unterstützt haben, aber ja... der Grundstein lag in der Schule. Und ja... im Sport. Unter anderem auch bei einem ehemaligen Leistungssportler der plötzlich Lehrer wurde. Und mich unterrichten sollte. Die sich schon immer eher unbeholfen bewegte und vor so ziemlich allem Angst - wirkliche Angst - hatte was man so im Schulsport verlangt. Geräteturnen. Bodenturnen. Leichtathletik. Soviel Angst etwas falsch zu machen. So wenig Unterstützung. Wirkliche Unterstützung, dass ich vieles nie gelernt habe und es von Jahr zu Jahr schlimmer wurde, weil "man das ja schon mal gemacht hat und können müsste"...
    Aber es war ja auch nicht nur im Sport so... Es gab auch Lateinlehrer (wirklich total nervige Sprache ;)) die uns Mädels ungestraft in den Ausschnitt starren durften. Bleistifte fallen ließen um unter Röcke zu gucken. Ähnliches. Und ja, Lehrer halten zusammen. Die Direktorin kommentierte das damals - als meine mir glaubende Mutter in die Schule ging - mit einem "So ist er halt. Daran müssen sie sich gewöhnen." Später, als ich die Schule gewechselt hatte kam heraus, dass ein weiterer Lehrer der ganz offensichtlich die Jungs im Unterricht bevorzugte, eben diese auch zum Porno gucken mit nach Hause nahm...

    Und manchmal frage ich mich... ob diese Pädagogen überhaupt wissen wie nachhaltig sie ihre Schüler prägen und zerstören können. Wie viel unmenschliche Angst sie sähen können. Ob ihnen das wirklich bewusst ist... Ob sie da auch nur einen Gedanken verschwenden... Aber meistens ist die Antwort wohl eher "Nein." Denn sonst würde sowas wie an meinem 1. Arbeitstag am Montag nicht passieren. Denn auch da hat eine Pädagogin versucht mich klein zu reden. Wertloser zu machen als ich bin. Mir meine Wünsche und Träume auszureden. Und ich bin gewiss kein Kind mehr. Nein, ich bin 27.

    Und ein wenig schreibe ich mich hier in Rage... aber ich bin so unglaublich froh über jeden Menschen der mit seiner Geschichte nach draußen geht. Denn nur so wird es einfacher. Nicht nur für sich selbst, indem man sich befreit fühlt. Nein, auch für die 15jährigen Jungs die nicht weinen dürfen und hier zufällig landen und sich denken: Hey... ich muss das nicht ertragen. Und es gibt einen anderen Ausweg als den Suizid. Reden würde so viele davon verhindern...

    Bei mir war es keine WG. Sondern der Trotz in mir. "Die gewinnen nicht." Und ja. Das Internet. WoW. Merkwürdige rosa Chats. Und bevor ich hier einen Roman schreibe... verabschiede ich mich.

    Und freue mich über deinen Mut.

    AntwortenLöschen
  34. Man muss die Piraten nicht fürchten, nur weil sie neu sind. Bezüglich der Strafanzeige gegen W. Borjans (Finanzminister NRW)wegen des Ankaufs von Steuersünderdaten-CD'S muss man sie eher als verlängerten Arm der Steuerflüchtlings-Unterstützer-Partei FDP belächeln (nicht fürchten!!) Sind die Piraten schon so weit, dass sie sich bei den Kapitalisten und Steuerhinterziehern einschleimen?!Einewirklich tolle neue Partei (würg). Das BVerfG hat die Verwendung solcher Daten zwar schon vor drei Jahren für legal erklärt (auch damals handelte es sich um gekaufte CD'S), aber was juckt das die NRW-Piraten, wenn man mit einer Strafanzeige gegen den NRW-Finanzminister in die Medien kommt. Mir ist sowas von übel!!!

    AntwortenLöschen
  35. Vielen Dank fuer deinen offenen und ehrlichen Bericht. Leider werden die Erlebnisse von Mobbing-Opfer viel zu selten oeffentlich gemacht. Sendungen wie die von Guenter Jauch vom letzten Sonntag zeigen wie blind und dumm unsere Gesellschaft gegenueber Problemen wie Mobbing und Schikane sein kann. Mehr noch - Opfer werden lieber diffamiert und wie schon richtig angemerkt wurde wirkung und Ursache verwechselt.
    Entgegen mancher realitaetsferner Behauptungen einiger sogenannter Experten ist nicht ein Medium wie das Internet ein Problem, sondern vielmehr die schweigende Masse die nicht bemerken will wenn Einzelne am "richtigen" Leben nicht mehr teilnehmen koennen oder wollen.
    Diese schweigende Masse ist es auch die dazu fuehrt das Schikane in der Schule, Universitaet oder eben auch am Arbeitsplatz akzeptiert wird und wie selbstverstaendlich als z.t. notwendiger Bestandteil der Erziehung, aubslidung oder sogar Kultur verstanden wird (see http://well.blogs.nytimes.com/2012/08/09/the-bullying-culture-of-medical-school/).
    Ich danke dir aufrichtig fuer diesen Bericht, denn nur indem ein Bewusstsein fuer dieses fehlerhafte Verhalten und dessen Auswirkungen geschaffen wird kann diese Kultur der Schikane eines Tages ein Ende finden.

    Anja

    AntwortenLöschen
  36. Deine Geschichte ist wirklich ergreifend! Den Link zu dem Posting würd ich mal Deiner Mutter geben - damit sie endlich kapiert, wie es wirklich war! Es macht mich wütend, dass sie Dich heute noch nicht mal unterstützt sondern den Täter noch in Schutz nimmt. Das solltest Du ihr nicht erlauben. Alles Gute Dir!

    AntwortenLöschen
  37. Heii ^^

    ich bin durch einen Facebook- Freund auf deine Geschichte aufmerksam geworden. Mir ist, wie viele hier, etwas ähnliches passiert, jedoch hat mir da ein Lehrer vor allem sehr geholfen.
    Ich werde nächste Woche 22 und ich habe es diesem Lehrer, meiner Familie und meinen damaligen Freunden zu verdanken, dass ich heute noch hier bin.

    Ich war immer ein Außenseiter, anders denkend mit den falschen Klamotten, übergewichtig...klassisches Mobbingopfer. Es fing an, als ich ins Gymnasium wechselte. Nicht nur, das ein Junge sich mit einem Grüppchen immer um mich rum versammelte und mir verletzende Sachen an den kopf warf, nein, selbst die Mädchen gruppierten sich um eines rum, mit der ich in der Grundschule schon nicht richtig gut konnte. Sie meinte, ihr hätte ihr die 4 Grundschuljahre kaputt gemacht. Ich habe ihr nie was getan, aber das wussten die anderen ja nicht. Da war ich 11/12. Es ging 2 Jahre lang. Meine Noten wurden immer schlechter. Ich sagte aber auch nichts, im Gegenteil ich lachte mit- zuhause alleine weinte ich oder dachte im 6. Schuljahr an Selbstmord. Manchmal, wenn es mir zuviel wurde, ging ich in die Küche und hielt mir ein Messer an die Pulsadern, aber ich schnitt nie. Zum Glück. Ich habe von Natur aus sehr lockige Haare, da alle ich auch aus der Norm juchu, man schmiss mir Papierkügelchen in die Haare, boxte mich im Arm und sagte, ich habe die Fettseuche, sagte ich würde flüssiges Fett trinken, wenn ich mal Waldmeistergetränk (trinke ich für mein Leben gern ^^) mitgenommen hatte. Es ging sogar so weit, das man mich zuhause anrief und sich für einen Klassenkameraden ausgab, der mich "sehr gern mochte". Mein Pech war aber auch, das an dem Gymnasium angrenzend noch eine Hauptschule war. Ein Grüppchen von Schülerinnen dort,mobbte mich auch. Eines Tages hatten sie mich an meinem Fahhrad umkreist und hänselten mich. Ich weiß nicht mehr, wie es kam, aber ich habe nach einer mit meinem Helm geschlagen. Ergebnis: die "Anführerin" versuchte mich zu treten. Als sie von mir abließen, ging ich mit dem Fahrrad vom Schulhof, unfähig zu fahren, da ich heulte...in der Öffentlichkeit. Ein Mädchen kam mir entgegen und sah mich, sagte sie würde mit dem Grüppchen schmipfen. Ich nickte und ging, danach kamen sie nicht mehr wieder...
    Als ich zuhause war, fragte ich meine Schwester, wo denn bei uns die am meisten befahrene Straße wäre, ich würde mich jetzt drauf stellen. Ich musste ihr erzählen was passiert ist, danach meiner Mutter mit ihrem damaligen Lebensgefährten. Sie informierten den Lehrer, meinen damaligen Klassenlehrer. Ich hab nach und nach immer mehr erzählt und meine Familie haben nichts gesagt, geschockt drüber, was ich erleben musste. Mein damaliger Klassenlehrer setzte sich so für mich ein, dass er beinahe von der Schule flog. Die Eltern meiner Mitschüler konnten sich sein Verhalten nicht erklären und unternahmen ihrerseits selber Schritte. Es ging bis zum Schulleiter. Meine Englischlehrerin sprach auch mit der Klasse, mein Klassenlehrer mehrmals.
    Naja, ich musste die 6. Klasse wiederholen, meine Noten waren zu schlecht gewesen. Ein Glück, meine nächste Klasse war etwas besser. Sie fingen auch etwas an, aber als ich erzählte, was mir passiert ist, ließen sie mich in Ruhe. Ich hatte da auch einen kleinen Freundeskreis.

    Ich erfuhr nachher noch, das aus meiner alten Klasse ein Schüler (der Drahtzieher) von der Schule geflogen ist und einem anderen die Wahl blieb, zwischen "fliegen" und "selber gehen".
    Seit damals, geht es mir besser. Es war auch noch meine sehr besitzergreifende und bestimmende Großmutter in der zeit, die mich auch an den Rand des Abgrundes führte. Alles spielte da zusammen.

    Doch auch Lehrer können sehr fies und gemein sein...

    Mutig, dass du deine Geschichte ins Internet gestellt hast. Ich hätte mich nicht getraut, wenn ich deine nicht gelesen hätte. Und ich freue mich, dass du damals halt gefunden hast, und nun weiterlebst, zwar mit einer Menge Narben, aber du lebst !

    Mach weiter so !

    AntwortenLöschen
  38. Hallo,

    vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe viel von mir selbst darin entdeckt. Und vielen Dank dafür, dass du deine Geschichte mit der Welt teilst. Ich habe dafür nie den Mut aufgebracht.

    Du bist ein toller Mensch, mach weiter so!

    Grüße,
    Felix

    AntwortenLöschen
  39. Hallo!

    Danke! Wie stark von Dir, dass Du das aufgeschrieben und veröffentlicht hast. Sehr sehr toll!

    Auch ich wünsche mir für Dich, dass Du Deiner Mutter diesen Beitrag zukommen lässt.
    Ich schätze, dass sie Dich nicht verletzt hat, weil sie Dich verletzen wollte, sondern weil sie es nicht besser weiß. Warum gibst Du ihr nicht die Chance, Dich zu verstehen?

    Ja ok, sie könnte nachfragen. Damals lag es in ihrer Verantwortung, dass sie Dich nicht besser verstanden hat. Heute liegt die Verantwortung (für gegenseitiges Verständnis) bei Euch beiden. Du weißt und verstehst mehr über das Geschehene. Lass sie doch daran teilhaben.

    Und ja ok, sie könnte sich entschuldigen. Wird sie vielleicht nicht tun, solange sie überhaupt nicht versteht, dass und wie sie Dich verletzt hat. Du könntest ihr auf die Sprünge helfen, falls Dir daran etwas liegt?

    Sorry, falls das zu persönlich war ... lag mir so doll auf der Zunge ... man kann auch privat ein Pirat sein ;-)

    AntwortenLöschen
  40. als selbst angehende Lehrerin bin ich zutiefst bedrückt über was dir widerfahren ist. bedauerlich, wie wenig man im Studium aufmerksam gemacht wird, welche Macht die eigenen Worte auf Schüler haben und wie wichtig ein verantwortungsvoller Umgang ist.
    Danke, für deinen Mut.

    AntwortenLöschen
  41. Missbrauch in der Familie - es ist die Mutter, die das Opfer zum Täter macht. Das ist 32 Jahre her. Heute mache ich meiner Mutter keinen Vorwurf mehr, heute sehe ich das grundlegende Prinzip dahinter; ich hatte ja auch mein Erwachsenenleben Zeit, zu studieren, mich zu informieren. Meine lebenslange Einsamkeit, diese "unsichtbare Behinderung", mit der habe ich mich arrangiert.
    Aber - so what! Ein echter Pirat ist stolz auf sein Holzbein! Immerhin - wir sitzen hier ums virtuelle Lagerfeuer und zeigen uns unsere Narben - yarrrr! Gut, dass es die Piraten gibt!

    AntwortenLöschen
  42. moin,
    telepolis hat mich hergeführt.
    deine geschichte ist faszinierend und bedrückend. ich glaube, vielen menschen geht es in abgeschwächter form so ähnlich wie dir.
    ich bewunder dich für deinen mut, deine aufrichtigkeit und einfach den mumm, sowas ins netz zu stellen. das hat dir sicherlich gut getan. und ganz platt gesagt: DU hast mut und selbstbewusstsein.

    schöne grüße aus dem norden.

    AntwortenLöschen
  43. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung diese Geschichte zu veröffentlichen und ich glaube viele Menschen sind dir dafür dankbar. Ich hoffe, dass sich in Zukunft mehr Menschen Gedanken über das miteinander machen. Deine Geschichte ist auf jeden Fall ein wertvoller Beitrag dazu. Weiter so.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.